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Nur eigene Erfahrung führt zum echten Empfinden
So verschieden die Menschen äusserlich aussehen, so
ungleich sind sie auch in ihrem inneren Wesen. Viele Faktoren prägen den
Menschen, eigene Anlagen und äussere Einflüsse. Bezieht man noch
Elternhaus, Milieu, Kulturkreis, Klima, Schule, Freunde, Hobbys,
Religion, Wirtschaft als beeinflussende Umstände mit ein, so ist es
leicht verständlich, dass es kaum zwei gleich denkende und gleich
fühlende Menschen gibt.
Es grenzt an ein Wunder, dass die Menschen trotz
dieser Vielfalt noch so gut miteinander zusammenleben können. Es ist
aber nicht zu übersehen, dass bei gleicher Sprache jeder etwas anderes
darunter versteht. Ein Pfarrer hielt eine Predigt und zum Abschluss
sagte er: „So, und nun ist es Zeit“. Die Hausfrau dachte, es ist Zeit
zum Kochen. Der Mann dachte, es ist Zeit, im Wirtshaus einzukehren. Das
Kind dachte, es ist Zeit zum Spielen und der Buchhalter dachte, es ist
Zeit, die Ein- und Ausgaben der Woche einzutragen. Es waren für alle die
gleichen Worte, aber jeder hat sich darunter etwas anderes vorgestellt.
Ähnlich ergeht es einem, wenn man zu irgend jemandem sagt: „Ich höre
gerne gute Musik.“ Er wird uns wahrscheinlich beipflichten, aber seine
Vorliebe gilt vielleicht Techno und Heavy metal und unsere Vorliebe gilt
Beethoven. Ein junger Mann sagte einmal: „Verdi ist ein Stümper.“ Was
soll man dazu sagen? Soll man versuchen, den anderen vom Gegenteil zu
überzeugen? Wie lange würde man brauchen, bis er zur Einsicht käme, dass
Verdi ein Genie war und wundervolle Musik komponierte? Es würde nie
gelingen. - Eine momentane Erkenntnis basiert auf vergangenen
Erfahrungen und Prägungen und die können nicht mit ein paar Worten
geändert werden.
Ein paar Fischermädchen waren nachmittags am Markt
und verkauften dort die Fische. Plötzlich brach ein schweres Gewitter
über sie herein und sie fanden nur noch Schutz im Raum der
Blumenmädchen. Das Gewitter war so stark, dass sie auch dort übernachten
mussten. Der Duft der Blumen war für sie aber so ungewohnt, dass sie
überhaupt keinen Schlaf finden konnten. „Lasst uns die Fischkörbe herein
holen“ sagten sie und erst der Geruch der Fischkörbe ermöglichte es
ihnen dann, einzuschlafen.
Die ähnliche Erfahrung haben wir schon gemacht, wenn
wir mit Freunden über Yoga sprechen. Wer Yoga übt und sich mit der
Philosophie des Yoga befasst, kann darüber nicht ohne weiteres mit
jemandem diskutieren, der davon keine Ahnung hat. Die Erfahrungen und
Überzeugungen sind oft zu verschieden. Es gibt Dinge, die kann man nicht
diskutieren, sondern nur zerreden. Wenn ein Mensch noch nie Honig
genossen hat, können Worte den Geschmack und die Empfindung nicht
beschreiben; er muss ihn selbst geniessen, um zu wissen, wie er
schmeckt. |
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Yoga-Schule Rolf Heim, Sekretariat,
Schöneggstr. 15, CH-9404 Rorschacherberg, Mail:
rolfheim@yogaschulen.ch,
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